Erfahrungsberichte Juristinnen und Juristen
Die Steuerverwaltung Rheinland-Pfalz ist eine junge und dienstleistungsorientierte Verwaltung, in der es vielfältige Tätigkeitsbereiche mit Aufstiegschancen gibt. Dabei sind nicht nur die Lebensläufe unserer Juristinnen und Juristen sehr unterschiedlich, auch die Aufgabengebiete sind breit gefächert. Hier können Sie einen Einblick in die vielfältigen Karrierewege nehmen.
Regierungsrätin Anke Heinz, Oberregierungsrätin Kristina Schwarz-Egert und Regierungsdirektor Christian Merk berichten über ihre bisherige Zeit.
„Frau Heinz, Sie waren mehrere Jahre als angestellte Rechtsanwältin in der Steuerberatung tätig. Was waren Ihre Beweggründe für eine Bewerbung?“
Der ausschlaggebende Punkt war für mich die Art der Tätigkeit einer Sachgebietsleitung: Die Mischung aus Personalführung, Organisation und fachlicher Arbeit. Ich sah die Chance, mich in den komplexen Ablauf der Verwaltung einzubringen, eigene Ideen umzusetzen und zudem meine fachliche Expertise im Rahmen einer sinnstiftenden Tätigkeit unter Beweis zu stellen.
„Auch mit Berufserfahrung durchläuft man zunächst ein 12-monatiges Traineeprogramm. Wie wurden Sie auf Ihre Tätigkeit als Führungskraft vorbereitet?“
Durch eine gute Mischung aus „training on the job“ und spezifischen Fortbildungen an der Bundesfinanzakademie wird man bestens auf die Tätigkeit als Führungskraft vorbereitet. Trotz etwaiger Berufserfahrung macht das Einweisungsjahr absolut Sinn. Man lernt die Organisation und die Aufgaben der Steuerverwaltung aus unterschiedlichen Perspektiven kennen. Zusätzlich nimmt man an einem Mentorenprogramm teil. Erfahrene Führungskräfte stehen einem dabei bei organisatorischen, rechtlichen, aber auch persönlichen Fragen zur Seite.
„Nach dem Einweisungsjahr steht grundsätzlich ein Wechsel des Finanzamtes an. Welche Aufgaben haben Sie seither übernommen und wie würden Sie Ihre Arbeit beschreiben?“
Nach dem Einweisungsjahr habe ich die Aufgabe der ständigen Vertretung der Amtsleitung im Finanzamt Mayen übernommen. Das ist eine ungemein spannende und verantwortungsvolle Tätigkeit. Zusätzlich bin ich für ein landesweites Projekt zum Thema „Großbezirke und Teamarbeit“ verantwortlich. Bei der täglichen Arbeit hat man sehr viele Freiheiten – ganz ohne „billable hours“ im Hinterkopf zu haben.
„Frau Schwarz-Egert, Sie waren vor Ihrem Eintritt in die Steuerverwaltung zehn Jahre lang in der Justiz tätig. Was war Ihre Motivation für eine Bewerbung?“
Hauptsächlicher Beweggrund war, dass ich mir wünschte, mehr im Team zu arbeiten und nicht – wie als Richterin sehr überwiegend – als Einzelkämpferin. Da ich über keine steuerrechtlichen Vorkenntnisse verfügte, empfand ich das Einweisungsjahr als die große Chance, mich beruflich zu verändern.
„In welchen Punkten unterscheidet sich Ihre jetzige Tätigkeit gegenüber Ihrer früheren Arbeit als Richterin?“
In der Steuerverwaltung findet man abwechslungsreiche Tätigkeiten mit einer großen Verwendungsbreite. Besonders wichtig ist für mich der intensive Austausch mit Kolleginnen und Kollegen. Als Führungskraft übernimmt man die Verantwortung für sein Team und ist zeitgleich trotzdem fachlich sehr gefordert.
„Für Sie als Mutter ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ein wichtiger Faktor. Wie unterstützt Sie Ihr Arbeitgeber hierbei?“
Die Steuerverwaltung bietet verschiedene Möglichkeiten, um Beruf und Familie zu vereinbaren. Hierbei sind die flexible Arbeitszeitgestaltung und individuelle Teilzeitmodelle besonders hervorzuheben. Darüber hinaus haben auch Führungskräfte die Möglichkeit, in gewissem Umfang mobil von zu Hause aus zu arbeiten.
„Herr Merk, Ihr Einstieg in die Steuerverwaltung erfolgte fast unmittelbar nach dem Referendariat. Was hat Sie von der Steuerverwaltung überzeugt? Wie haben Sie Ihr Einweisungsjahr erlebt?“
Ich habe mir während der Verwaltungsstation die Steuerverwaltung angeschaut und war sofort begeistert von den vielfältigen Aufgaben sowie der angenehmen Arbeitsatmosphäre. Das Einweisungsjahr war eine tolle Möglichkeit, die Kenntnisse im Steuerrecht zu vertiefen, viele Kontakte zu knüpfen und langsam an die Aufgabe einer Sachgebietsleitung herangeführt zu werden.
„Danach haben Sie viele spannende und abwechslungsreiche Tätigkeiten übernommen? Beschreiben Sie bitte Ihren bisherigen Werdegang.“
In meinen fast drei Jahren als Sachgebietsleiter habe ich zahlreiche Stellen im Innendienst kennengelernt und Führungsverantwortung für 15-20 Personen übernommen. Daran schloss sich eine sechsmonatige Hospitation im Finanzministerium in Mainz an. Anschließend war ich für drei Jahre an die Staatskanzlei abgeordnet und war in der Landesvertretung Rheinland-Pfalz bei der EU in Brüssel als Spiegelreferent für das Innen- und Finanzministerium tätig. Seit einem Jahr bin ich nun wieder als Referent im Finanzministerium eingesetzt.
„Was ist für Sie der größte Benefit, den die Steuerverwaltung Ihnen bietet?“
Schwierig nur einen zu nennen. Ich würde die vielfältigen Aufgaben, die tollen Kolleginnen und Kollegen sowie eine echte Work-Life Balance nennen wollen.
Aus der Kanzlei in die Steuerverwaltung
Geza Reuter-Will (37) und Jan-Frederik Ernemann (40), beide derzeit in ihrer Einweisungszeit als Regierungsräte der Steuerverwaltung, verfügen bereits über mehr als zehn Jahre Berufsverfahrung als angestellte Rechtsanwälte. Doch beide hatten, trotz interessanter und erfolgreicher Aufgaben in verschiedenen Kanzleien, sie als Fachanwältin für Steuerrecht in der Beratung nationaler und internationaler Mandanten insbesondere in den Bereichen Steuerrecht und Gesellschaftsrecht, er als Fachanwalt für Familien- und Strafrecht überwiegend im Bereich Strafverteidigung, den Wunsch nach Veränderung verspürt.
Was waren Ihre Beweggründe für den Wechsel in die Steuerverwaltung nach über zehn Jahren Rechtsanwaltstätigkeit?
Ernemann: Mich hat schon immer eine Tätigkeit gereizt, die mehr wirtschaftliche Bezüge hat. Auch wenn mein alter Beruf als Strafverteidiger spannend war, so habe ich weiter nach einem Weg gesucht, mich beruflich in diese Richtung zu entwickeln. Die Steuerverwaltung bietet hier ein sehr breites Spektrum.
Reuter-Will: Ich war auch bislang bereits im Steuerrecht tätig, allerdings auf der anderen Seite als Beraterin für Steuergestaltung. Das war nicht mehr das, was ich machen wollte.
„Gelebte Willkommenskultur“
Sie mussten, obwohl Sie schon erfahrene Juristen sind, das Trainee-Programm in unserer Steuerverwaltung durchlaufen: Wie haben Sie das erlebt und was waren die größten Herausforderungen?
Reuter-Will: Ehrlich gesagt, war das schon ein komisches Gefühl. Gerade in den ersten Wochen des Trainee-Programms, wo man noch keine eigene Aufgabe hat, sondern nur daneben gesessen und viel zugehört und zugeschaut hat. Das war merkwürdig, so unproduktiv zu sein. Aber mit der Übernahme eines Probe-Sachgebiets hat sich das geändert – da hatte ich das Gefühl, ich habe meine Aufgabe und bin angekommen.
Ernemann: Der Aspekt, dass man in seinem vorherigen Berufsalltag Routine hatte, die einem Sicherheit gab, fehlte – auch wenn einem überall in jeder Station, die wir durchlaufen hatten, sofort das Gefühlt vermittelt wurde, willkommen zu sein. Wir hatten anfangs ja auch eine Art „Welpenschutz“. Doch so richtig angekommen und schlauer waren wir erst nach den Lehrgängen. Anfangs war es schwer greifbar, was ich als Sachgebietsleitung alles machen muss, wie mein Tagesgeschäft aussieht.
„Das Mentoring ist sehr hilfreich“
Ernemann: Ich halte das Mentoring, dass es in Rheinland-Pfalz im Rahmen des Traineeprogramms gibt, hier für extrem wichtig. Die Mentoren haben uns zum Beispiel in die SGL-Runden eingeführt und so dazu beigetragen, dass wir uns als ein Teil der Runde fühlten. Bei den Mentoren konnten wir auch nachfragen, wie so die Gepflogenheiten und das Zusammenarbeiten untereinander sind. Ich empfand die Tatsache, dass allen neuen Regierungsräten ein Mentor zur Seite gestellt wird, als sehr gute Unterstützung – auch und gerade für so ganz profane Sachen, wie die Reisekostenabrechnung (lächelt).
Reuter-Will: Das kann ich nur unterstreichen.Mein Mentor kam auf mich zu, hat mich immer wieder gefragt, ob ich Infos oder Hilfe benötige und war immer ansprechbar. Da er selber erst einige Monaten zuvor sein Einweisungsjahr beendet hatte, wusste er zudem auch noch sehr genau, welche Fragen man zu Beginn hat.
Wenn Sie beide jetzt rückblickend auf Ihren bisherigen beruflichen Alltag schauen, wie muss man sich diesen vorstellen? Schildern Sie uns kurz einen typischen Kanzlei-Alltag.
Reuter-Will: Ich war in der Kanzlei in der Gestaltungsberatung tätig. Hier habe ich – meist im Team – große Projekte über viele Wochen und Monate betreut, von Unternehmenskäufen und –verkäufen bis hin zu Umstrukturierungen. Wir hatten nicht viele Fristen, da die Projekte meist langfristig bearbeitet wurden. In schwierigen rechtlichen Fragen war ich auch in Prozesse vorm Finanzgericht involviert, da waren aber Einzelfälle.
Ernemann: Mein Arbeitsalltag bestand aus vielen fremdbestimmten Terminen: morgens beim Eintreffen in der Kanzlei galt es immer zunächst ein Termin-Update zu machen, oft musste ich sehr kurzfristig Termine wahrnehmen und Schriftsätze verfassen. Diese wurden diktiert – nun tippe ich sie selbst in den Computer - auch etwas, was anfangs für mich in der Steuerverwaltung neu war (schmunzelt).
An durchschnittlich drei von fünf Tagen musste ich zu Gerichtsterminen, war immer in Bewegung – nachmittags, zurück in der Kanzlei, musste dann der Schriftverkehr erledigt werden. Und für die Mandanten stand ich auch bis spät in den Abend und am Wochenende, zum Beispiel, wenn ein Haftbefehl im Raum stand, zur Verfügung. Man ist Dienstleister für die Mandanten. Es war spannend und hat sehr viel Spaß gemacht, da man das Resultat der eigenen Arbeit sofort sah, aber Beruf und Familie sind schlechter planbar.
Reuter-Will: Ein Stück weit muss man seine Dienstleistung „verkaufen“, teilweise ist es dann frustrierend, wenn man Mandanten berät und diese den vorgeschlagenen Weg nicht mitgehen.
Beide: Dieser Dienstleistungscharakter – man hat schließlich den wirtschaftlichen Druck, möglichst das gewünschte Ergebnis des Mandanten zu erreichen – bedeutet auch immer ein Spagat, zwischen dem was realistisch oder rechtlich machbar und was gewünscht ist.
Reuter-Will: Ich habe festgestellt, dass ich eher auf der anderen Seite stehen möchte – also mit meinem rechtlichen Wissen dazu beitragen möchte, dass der Staat mit den erforderlichen Mitteln ausgestattet ist und weniger dazu beizutragen, steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten zu finden. Für mich ist es eine große Motivation, eine sinnstiftende Tätigkeit auszuüben.
Kanzlei versus Verwaltung: Nennen Sie uns mit einigen Schlagworten die größten Unterschiede und was für die Verwaltung spricht.
Beide:
- Work-Life-Balance
- Breites Aufgabenspektrum
- Größere Entwicklungsmöglichkeiten
- Ermessenspielraum
- Juristischer Freiraum (freier in der juristischen Tätigkeit, da rechtliche Prüfungen eher losgelöst von wirtschaftlichen Zwängen und Mandantenzielen erfolgen)
- Teamgedanke
- Flachere Hierarchie
- Personalverantwortung: „Verantwortung als SGL für viele Menschen ist Herausforderung und Anreiz zugleich“
Sie haben nun einen Vergleich und kennen die Abläufe beider Tätigkeiten. Gibt es etwas, was die Steuerverwaltung von dem Kanzleialltag lernen kann?
Beide (lachend): Allenfalls die Digitalisierung.
Inwiefern lief es da vorher besser?
Ernemann: Prozesse, zu denen Anwälte schon länger gezwungen sind, wie das elektronische Anwaltspostfach, haben in der Steuerverwaltung erst begonnen. Die Kanzleien arbeiten auch schon länger mit der E-Akte. In der Verwaltung müssen hingegen immer noch viele Rollkoffer mit Papierakten von A nach B gefahren werden.
Reuter-Will: Ja, als Anwältin konnte ich ortsunabhängig arbeiten, da ich Zugriff, auf alle Akten hatte, da diese in der Kanzlei bereits elektronisch abgelegt wurden.